Hochwasser am 29.01.2021

Was für ein Glück, dass das Haus vor ein paar hundert Jahren ein gutes Stück oberhalb des Bachlaufs erbaut wurde. Klaus Bingenheimer, der das Gebäude in der Königsteiner Straße heute bewohnt, kann daher einigermaßen entspannt von seinem Garten aus auf den entfesselten Erlenbach blicken.

Im Gegensatz zu den direkten Nachbarn unterhalb. Deren Grundstück liegt auf Uferhöhe und verwandelt sich langsam in ein Feuchtgebiet angesichts der Wassermassen, die das Bachbett völlig überfordern.

Eine Momentaufnahme vom gestrigen späten Vormittag, an dem sich Teile von Burgholzhausen in ein Hochwassergebiet verwandelt haben. Besonders zwischen der Turnhalle Am Sauerborn und der Kurhessenstraße herrscht Ausnahmezustand. Der Erlenbach, ansonsten ein idyllisches Gewässer, hat sich als Folge von Regen und Tauwetter in einen reißenden Fluss verwandelt, durch den unablässig braune Fluten schießen. Um rund einen Meter ist das Wasser um diese Zeit bereits gestiegen.

Feuerwehr am Freitag im Dauereinsatz

Hinter der Sporthalle ist von der Straße nichts mehr zu sehen. Auf der gegenüberliegenden Seite versuchen Feuerwehrleute, die Häuser an der Bornmühle mit Sandsäcken vor dem vordringenden Wasser zu schützen. Eine Schutzmaßnahme, die auf der anderen Seite der Ortsdurchfahrt schon weit fortgeschritten ist.

Zwischen dem in weiten Teilen überschwemmten Uferweg und den Hochhäusern in der Kurhessenstraße haben Rettungskräfte eine lange Barriere, bestehend aus Sandsäcken und Plastikplanen, errichtet. Der Parkplatz ist um diese Zeit von Autos geräumt. Die sogenannte Stufe zwei ist längst erreicht, der Punkt, an dem die Rettungskräfte eingreifen. “Wir haben um 10 Uhr losgelegt”, sagt Stadtbrandinspektor Ulrich Neeb, der zusammen mit Burgholzhausens Wehrführer Stefan Laubinger den Großeinsatz dirigiert. Lagebesprechung, kurz Strategie festgelegt, dann die Bevölkerung per Lautsprecherdurchsagen frühzeitig gewarnt. 40 Kräfte, darunter auch Kollegen aus Seulberg, im Einsatz.

1200 fertige Sandsäcke gelagert

Schon seit Tagen haben Feuerwehr und Stadtwerke angesichts der Regenfälle die Entwicklung bei den Wasserläufen im gesamten Stadtgebiet beobachtet und an den Hochwasser-Messstellen die Pegelstände kontrolliert. Und noch einmal verstärkt wurden am Donnerstag die Stände gecheckt. Da bewegte man sich noch auf der Stufe eins. Wann diese erreicht ist, das erfährt die Feuerwehr übrigens, ebenso wie bei der Stufe zwei, mittlerweile via Handy direkt von der elektronischen Messstelle in Köppern.

Ein weiterer Referenzpunkt ist für Ulrich Neeb der Durchfluss in Ober-Erlenbach. Dort könne man die Entwicklung gut beobachten. Auch mit den Kollegen in Wehrheim, das der aus dem Taunus kommende Erlenbach passiert, und Ober-Erlenbach habe er sich abgesprochen.

Gewehr bei Fuß standen auch die Stadtwerke. “Wir haben ständig 1200 fertige Sandsäcke gelagert, informiert Betriebsleiter Andreas Atzbach. Zusätzlich seien acht Leute dabei, neue Sandsäcke abzufüllen und für eventuellen weiteren Gebrauch bereitstellen. Atzbach selbst macht sich am Freitag ein Bild von der Lage, bevor er weiter nach Köppern fährt, ebenfalls Erlenbach-Anrainer. Dort aber ist um diese Zeit alles im Lot – noch.

Dass weitere Steigerungen möglich sind, wissen sowohl Atzbach als auch Neeb. Nur zu gut erinnern sie sich noch an die dramatische Situation im Jahr 2003, als ganze Straßenzüge überflutet waren. Seither habe es immer wieder kleinere Übertritte des Bachlaufs gegeben. All die Erfahrungen in der Vergangenheit seien in einen Hochwasseralarmplan eingeflossen, den Feuerwehr und Stadt erarbeiteten.

Was das aktuelle Hochwasser betrifft, so ging der Pegel im Laufe des Freitags leicht runter. Aber von Entwarnung kann im Moment noch keine Rede sein. Der Wetterdienst meldet weiteren Regen und Schnee.

Artikel aus der Taunus Zeitung vom 30.01.2021